Berichte
aus dem Schulleben und den Fachbereichen
Europa kommt in die Schule – und das gleich mehrfach
In der letzten Schulwoche vor Pfingsten kam Europa gleich am Montagmorgen in die Schule: Frau Monika Mogalle, eine MWG-Alumna, Simultandolmetscherin beim Sprachendienst der Europäischen Kommission, besuchte ihre alte Schule, um die Schülerinnen und Schüler der Q11 über ihre Tätigkeit bei der EU im Speziellen als auch über die Europäische Union im Allgemeinen zu informieren. Der kurzweilige Vortrag enthielt zahlreiche nützliche Tipps für diejenigen, die sich für ein Fremdsprachenstudium interessieren. Wir lernten z.B., dass eine Übersetzertätigkeit etwas völlig anderes ist als die Aufgabe des Simultandolmetschens, dass es den Studiengang nur an wenigen deutschen Universitäten gibt und dass in Brüssel zwar auch das Englische unabdingbar ist, dem Französischen aber weiterhin große Bedeutung zukommt. Die Zuhörer erfuhren, dass sich die Dolmetschenden genau auf die Sitzungen vorbereiten, da es häufig um sehr spezielle Themen geht, und wie man sich zu helfen weiß, wenn man etwas einmal nicht versteht. Frau Mogalle berichtete sowohl über lustige Erlebnisse in der Dolmetscherkabine, schilderte anschaulich die sprachlichen Herausforderungen, vor denen sie immer wieder steht, wenn es um das EU-Dauerthema Landwirtschaft geht, erzählte von ihrem gefährlichsten Auslandseinsatz in Südamerika, betonte den Fleiß der europäischen Politiker:innen, die häufig Tage und Nächte durcharbeiteten und berichtete auch ehrlich davon, wie emotional belastend im Frühjahr das Dolmetschen angesichts des Ukrainekrieges gewesen sei. All diese Erlebnisse und die Überzeugung der Referentin, dass die Europäische Union nun schon seit drei Generationen einen Gutteil zur Friedensicherung in West- und Mitteleuropa beiträgt, beeindruckten die interessierte Zuhörerschaft. Staunen löste schließlich die Bandbreite der Sprachen aus, in denen Frau Mogalle versiert ist. Diese reicht nämlich von der romanischen Sprachfamilie bis zur skandinavischen. Eine gelungene Veranstaltung, die nicht nur im Rahmen des EU-weiten Projekttages „Europa kommt in die Schule“ den Blick der Schüler:innen für die Europäische Union geschärft hat, sondern auch für den Erwerb moderner Fremdsprachen warb.
Europa blieb im Laufe der Woche noch in der Schule, denn die Q11 organisierte am letzten Schultag vor den Pfingstferien noch einen europäischen Kuchenverkauf, dessen Erlös zur Hälfte an eine Organisation, die in der Ukraine humanitäre Hilfe leistet, gespendet wurde. Diese Aktion flankierte eine besondere Veranstaltung für die Klassen 10a, 10c, 10e und 10f: „Gehört die Ukraine zu Europa, was heißt das und warum ist das wichtig?“ Frau Dr. Eichenberg, die als Historikerin am Institut für Fränkische Landesgeschichte forscht und die als Sprecherin des Arbeitskreises Historische Friedens- und Konfliktforschung tätig ist, stellte den jungen Menschen diese Fragen. Im Rahmen eines erhellenden und anschaulichen Vortrags über das Werden der Ukraine zum souveränen Staat, der in der europäischen Geschichte zu verorten ist, wurde klar, dass Europa mehr ist als die europäische Integration. Zu Europa gehöre eben auch ein Blick nach Osten, nicht nur nach Westen. In diesem Zusammenhang konnte der mancherorts populären Mythos von der NATO-Aggression gegen Russland demaskiert werden. Die Referentin machte zudem deutlich, dass die Ukraine nach dem Ende der Sowjetunion die drittgrößte Atommacht der Welt gewesen ist und sie im Zuge des Staatsbildungsprozesses ihre atomaren Waffen gegen die Zusicherung der territorialen Integrität und damit Sicherheit der ukrainischen Grenzen abgerüstet hat.
An den äußerst informativen Vortrag schloss sich der Bericht von drei aus der Ukraine stammenden Schüler:innen – Katharina, Anastasia und Mykola – über ihre Heimatstädte und die aktuelle Lage dort, was das Plenum sichtlich berührte. Die drei hielten ihre Kurzvorträge auf Deutsch. Mit dieser Sprache haben sie erst seit März 2022 zu tun.
All diese über den Unterricht hinaus gehenden Aktivitäten wären nicht möglich, wenn es nicht viele Menschen gäbe, die mitgestalten. Unser großer Dank geht daher zunächst an die Referent:innen:
Frau Mogalle, die sich im Anschluss noch ganz viel Zeit für die AG „Alumni“ nahm,
Frau Dr. Eichenberg, die trotz zahlreicher anderer Tätigkeiten, die Zeit fand, an die Schule zu kommen,
Katharina, Anastasia und Mykola, die in beeindruckend souveräner Weise vortrugen.
Wir bedanken uns aber auch bei den vielen Kolleg:innen, die uns bereitwillig Stunden zur Verfügung gestellt haben. Wir wissen, dass das nicht selbstverständlich ist, denn auch das unterrichtliche Tagesgeschäft will erledigt sein.
Schließlich gebührt auch ein großer Dank der Q11, die fleißig Spenden sammelte.
Doris Brandscheid und Maresa Olschner